|
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
|
|
|
|
Ursachendiskussion
|
Es gibt verschiedene Formen der Spaltbildung
|
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten gehören zu den häufigsten angeborenen
Fehlbildungen. Sie kommen mit einer Häufigkeit von einem Fall pro
fünfhundert neugeborener Kinder vor. Den Spaltbildungen liegt eine Störung
der Kopfentwicklung während des Wachstums des ungeborenen Kindes im
Mutterleib zugrunde. Diese Entwicklungsstörung bedingt die Entstehung eines
Spaltes bei der Bildung der Oberlippe, des Oberkiefers und/oder des Gaumens.
Je nach Ausprägung der Entwicklungsstörung unterscheidet man folgende
Erkrankungsgruppen:
- Lippen- und Kieferspalten
- Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
- Gaumenspalten (eine Minimalvariante der Gaumenspalten besteht in
einem gespaltenen Zäpfchen)
|
Genaue Ursachen bisher unbekannt
|
Die Ursache für die Entstehung von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten ist nicht
genau bekannt. Neben der Vererbung (in fünfzehn bis dreiunddreißig Prozent
der Fälle) wird die Einwirkung äußerer Einflüsse diskutiert:
- Virusinfektionen der Schwangeren und des Kindes im Mutterleib
- Mangeldurchblutung der Plazenta
- Blutungen innerhalb der Gebärmutter der Mutter während der
Schwangerschaft
- Röntgenbestrahlung, beispielsweise durch eine Röntgenuntersuchung der
Mutter während der Schwangerschaft
- Schadstoffe, die in den Körper der Schwangeren gelangen,
beispielsweise Chemikalien
- starker Alkoholkonsum und Rauchen der Mutter während der
Schwangerschaft
- psychischer Stress der Schwangeren
|
|
Symptome und Folgen
|
Manche Spalten sind nicht offensichtlich erkennbar
|
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten können von außen zu erkennen sein,
beispielsweise als Einkerbung der Oberlippe. Dies ist jedoch nicht immer der
Fall. So sind Gaumenspalten häufig von Mundschleimhaut bedeckt und daher
nicht sichtbar, sondern nur tastbar. |
Atemstörungen und Trinkschwierigkeiten bei Gaumenspalten
|
Die durch eine Spaltbildung entstehenden Symptome hängen von der Art und
der Ausprägung der Spaltbildung ab. Durch die fehlende Trennung von Mund-
und Nasenhöhle bei Gaumenspalten kann es zu Störungen bei der Atmung kommen.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Zunge kein normal ausgebildetes
Gaumengewölbe als Widerlager zur Verfügung steht. Daher fällt sie in den
Rachen zurück und behindert auf diese Weise die Atmung. Die fehlende
Ausprägung des Gaumengewölbes ist auch die Ursache für Trinkschwierigkeiten
des Säuglings, da der Aufbau eines Sogs in der Mundhöhle zum Ansaugen der
Milch aus der Brust oder der Flasche erschwert oder sogar unmöglich ist.
Zudem kann es durch eine Gaumenspalte zum Übertreten von Nahrung aus der
Mundhöhle in den Nasenraum kommen.
|
Sprachstörungen bei Kiefer- und Gaumenspalten
|
Das fehlende Widerlager für die Zunge ist auch für die bei Patienten mit
Kiefer- und Gaumenspalten häufig bestehenden Sprachstörungen verantwortlich.
Da sich die Zunge nicht adäquat am Gaumen "abstützen" kann, ist die Bildung
von Lauten, für welche die Zunge benötigt wird, beeinträchtigt. Patienten,
die ausschließlich eine Lippenspalte aufweisen, haben meist keine oder nur
sehr gering ausgeprägte Sprachstörungen.
|
Belüftungsstörung des Mittelohrs
|
Bei vielen Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten besteht eine
Belüftungsstörung des Mittelohrs. Dies ist auf eine Fehlfunktion der
sogenannten Eustachi-Röhre zurückzuführen, welche das Mittelohr mit dem
Rachenraum verbindet und dem Druckausgleich des Mittelohrs dient. Die Folgen
können Hörstörungen und eine chronische Mittelohrentzündung sein.
|
Weitere Begleiterkrankungen und Störungen
|
Außerdem werden bei Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten häufig
eine Reihe weiterer Erkrankungen beziehungsweise Schwierigkeiten beobachtet:
- Wachstumsstörungen des Gesichtsschädels
- Verbiegung der Nasenscheidewand (Septumdeviation)
und Verengung des Naseneingangs, was Atemprobleme zur Folge hat,
beispielsweise eine Atmung über den Mund statt über die Nase
- Störungen bei der Gebissentwicklung
- Fehlstellungen des Kiefers
- Kariesanfälligkeit und Erkrankungen des Zahnhalteapparats
(Parodontose)
|
|
Altersbezogene Therapie
|
Die angeborene Störung fällt meistens sehr schnell auf
|
Eine Lippenspalte fällt unmittelbar bei der Geburt auf. Eine Gaumenspalte
macht in der Regel sehr rasch durch Trinkschwierigkeiten des neugeborenen
Kindes auf sich aufmerksam und kann durch das Abtasten des Gaumens erkannt
werden. Weiterhin fallen die Kinder durch die genannten Symptome und
Schwierigkeiten auf.
|
Individuelle Diagnostik und Therapie
|
Das diagnostische und therapeutische Vorgehen wird für jeden einzelnen
Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte individuell geplant. Jedoch
existieren einige Orientierungspunkte. |
Bei Neugeborenen wird eine Trinkplatte hergestellt
|
Im Neugeborenenalter wird ein Hörtest (Neugeborenen-Hörscreening) durchgeführt, um eine eventuelle
Beeinträchtigung des Hörvermögens zu erfassen.
In der zweiten bis vierten Lebenswoche wird ein Kieferabdruck
angefertigt, um eine Trinkplatte zu modellieren. Diese Trinkplatte
erleichtert beim Trinken des Kindes von der Brust oder aus der Flasche den
Aufbau eines Sogs und damit das Einsaugen der Milch.
|
3-6 Monat operativer Verschluss einer Lippenspalte und Korrektur des
weichen Gaumens
|
Zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensmonat kann bei Kindern mit
Lippenspalte ein operativer Verschluss der Spalte erfolgen, und bei
Säuglingen mit Gaumenspalte ist in diesem Alter eine operative Korrektur des
weichen Gaumens möglich (der weiche Gaumen ist derjenige – hintere –
Abschnitt des Gaumens, an dem sich kein Gaumenknochen, sondern nur
Weichteilgewebe befindet). |
Ende des 1. Lebensjahrs umfassende Untersuchung der Hörfunktion und des
Mittelohrs und evt. Entfernung der Rachenmandeln
|
Am Ende des ersten Lebensjahres erfolgt in der Regel eine mikroskopische
Untersuchung des Ohres, um den Zustand des Mittelohrs zu beurteilen.
Außerdem wird eine sogenannte Tympanometrie durchgeführt. Dabei wird eine
Sonde in den äußeren Gehörgang eingeführt, welche diesen nach außen hin
abdichtet. In dieser Sonde befindet sich ein kleines Röhrchen, mit dessen
Hilfe der Untersucher einen Unter- und einen Überdruck im äußeren Gehörgang
aufbauen kann. Als Folge des Unter- und des Überdrucks kommt es zu
Bewegungen des Trommelfells, welche von der Sonde registriert werden. Das
Ausmaß der gemessenen Trommelfellbewegungen wiederum lässt Rückschlüsse auf
die Funktion des Mittelohrs zu. Die Mittelohrfunktion kann beispielsweise
durch eine chronische Mittelohrentzündung, welche bei Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte
als Begleitsymptom möglich ist, beeinträchtigt sein. Wird eine derartige
Funktionsstörung des Mittelohrs festgestellt, ist am Ende des ersten
Lebensjahres die Einlage eines kleinen Röhrchens (Paukenröhrchen) in das
Trommelfell möglich, um den Sekretabfluss aus dem Mittelohr und den
Druckausgleich zwischen Mittelohr und Umgebung zu gewährleisten. Außerdem
kann in diesem Lebensalter die Entfernung der Mandeln in Erwägung gezogen
werden. Dies ist dann sinnvoll, wenn die Mandeln vergrößert sind und die
Öffnung der Eustachi-Röhre im Rachenbereich verlegen, sodass der
Druckausgleich zwischen Mittelohr und Rachenraum über die Eustachi-Röhre
beeinträchtigt ist.
|
6. Lebensjahr Korrektur des harten Gaumens
|
Im Verlauf der folgenden Lebensjahre erfolgen regelmäßige Untersuchungen
des Hörvermögens, um die Gehörentwicklung zu überprüfen. Im sechsten
Lebensjahr kann bei Kindern mit einer Gaumenspalte eine operative Korrektur
des harten Gaumens durchgeführt werden (der harte Gaumen ist derjenige –
vordere – Abschnitt des Gaumens, an dem sich der Gaumenknochen befindet). |
Vor der Einschulung Operation zur Verbesserung des Sprechvermögens
|
Noch vor der Einschulung sollten zudem – sofern erforderlich –
Operationen zur Verbesserung des Sprechvermögens durchgeführt werden,
beispielsweise Korrekturoperationen an der Lippe oder am Naseneingang.
|
7. bis 12 Lebensjahr endgültiger Verschluss des harten Gaumens
|
Zwischen dem siebten und dem zwölften Lebensjahr ist eine weitere Operation
am Gaumen zum endgültigen Verschluss einer Gaumenspalte möglich. Dabei wird
körpereigenes Knochengewebe des Patienten aus einer anderen Körperregion in
die Gaumenspalte eingesetzt, um diese zu verschließen. |
Nach dem 17. Lebensjahr operative Nasenkorrektur und Kieferkorrektur
|
Nach dem siebzehnten Lebensjahr kann eine operative Nasenkorrektur
erfolgen, falls dies erforderlich ist, beispielsweise bei einer Verbiegung
der Nasenscheidewand (Septumdeviation). Auch
die kieferorthopädische Behandlung einer Kieferfehlstellung ist in diesem
Alter möglich.
|
|
|